Ganztagsanspruch 2026 – Leitfaden für Grundschulen & Träger
In kommunalen Horten stellt sich nun die Frage für Lehrkräfte, Hausmeister, Sekretariate und auch Erzieher: Wie schaffen wir pünktlich zum Stichtag genug Räume, Personal und gleichzeitig auch Qualität? Dieser Beitrag gibt Ihnen einen praxisnahen Überblick, ohne juristischen Ballast, dafür aber mit vielen Erfahrungswerten.
Politische Rahmendaten im Überblick – Was wurde genau beschlossen?
Der Bundestag hat das sogenannte Ganztagsförderungsgesetz bereits 2021 verabschiedet. Es legt fest:Betreuungsumfang: acht Zeitstunden täglich, wobei der Vormittagsunterricht ins Stundenkontigent eingerechnet wird.
Ferienregel: Länder dürfen bis zu vier Wochen Schließzeit pro Jahr festlegen.
Umsetzungssprint: 2026 gilt der Anspruch für Klassestufe 1, danach wird stufenweise auf die Klassenstufen 2 bis 4 bis 2030 ausgeweitet.
Freiwilligkeit: Familien müssen dieses Angebot nicht nutzen, Schulen müssen es aber vorhalten.
Der Staat knüpft damit an den Kita-Rechtsanspruch von 2013 an und schließt die berühmte „Betreuungslücke“ nach Ende der Kindergartenzeit, um Entlastung für Eltern und Erziehungsberechtigte zu schaffen.
Finanzierung – Wer zahlt den Ausbau und die laufenden Kosten?
Bund und Länder teilen sich diese Rechnung. Rund 3,5 Milliarden Euro stehen im Investitionstopf des Bundes, um bis 2027 neue Räume, Anbauten oder Ausstattungen damit zu bezahlen. Jedes Jahr fließen zusätzliche Mittel in die Länderhaushalte, um Personalkosten mitzufinanzieren: 2026 sollen es 100 Millionen Euro sein, 2027 bereits 340 Millionen Euro, bis 2029 steigt die Summe auf 820 Millionen Euro.Wichtig für die Kommunen: Die Gelder werden über Verwaltungsvereinbarungen abgerufen. Wer 2024/25 einen genehmigten Bauplan vorlegt, hat beste Chancen, frühzeitig gefördert zu werden. Zusätzliche Fördertöpfe einzelner Länder werden parallel bereitgestellt, um ihren Eigenanteil von 30 Prozent an den Baukosten zu stemmen.
Raumgestaltung – Vom Klassenzimmer zur Ganztagslandschaft
Der Ganztagsbetrieb ist mehr als „Unterricht plus Beaufsichtigung“. Kinder brauchen verschiedene Zonen:Lernräume für Hausaufgaben, Lesezeiten oder Fördergruppen.
Bewegungsflächen wie z.B. Turnhalle, Pausenhof oder einen Bewegungsraum im Neubau.
Essensbereich mit Ausgabeküche und ausreichend Sitzplätzen.
Ruhebereiche, in denen sich Kinder vom Trubel zurückziehen können.
Der Planungstrick dafür heißt Mehrfachnutzung: Ein Musikraum mit stapelbaren Möbeln wird am Nachmittag zum Kreativatelier, die Aula mittags zur Mensa. Hausmeister spielen eine Schlüsselrolle, weil sie Raumwechsel technisch sicher machen.
Besonderes in den Fokus sollte dabei die Mensalogistik rücken. Studien ergeben, dass Kinder unter Hektik weniger essen. Wer z.B. zwei Schichten à 30 Minuten statt einer Massenabfertigung von allen Kindern organisiert, verbessert Essatmosphäre und reduziert Tellerrückläufe und Lautstärke.
Personal – Wo drückt die neue Zeit am stärksten?
Das größte Hindernis dabei, ist der Fachkräftemangel. Die Bertelsmann-Stiftung rechnet bis 2030 mit einem Bedarf von rund 100 000 zusätzlichen Erzieher nur für die Ganztagsbetreuung. Ohne kreative Konzepte wird das knapp:Qualifizierung von Schulbegleitern zu Gruppenleitungen.
Kooperation mit Sport- und Kulturvereinen – Honorarkräfte leiten AGs.
Dual Studierende im sozialpädagogischen Bereich, die Praxisanteile im Ganztag ableisten.
Erweiterte Arbeitszeitmodelle für Teilzeitkräfte, die mehr Stunden anbieten, wenn Randzeiten planbar sind.
Lehrerkräfte bleiben weiterhin für den Unterricht zuständig, doch echte Ganztagsschulen kombinieren Unterrichten und Betreuen. Das bedeutet gemeinsame Konferenzen von Lehr- und Pädagogikteam, geteilte Verantwortung für den Tagesrhythmus und klare Absprachen zum Umgang mit den Hausaufgaben.
Tages-Rhythmisierung – Wie können acht Stunden sinnvoll strukturiert werden?
Ein gutes Ganztagsprogramm wirkt wie ein Wechselspiel von konzentriertem Lernen und Entspannung. Ein Praxisbeispiel:1. Unterrichtsblock mit Pausen 08:00–11:30 Uhr
2. Mittagsband 11:30–13:30 Uhr
• Warme Mahlzeit
• Bewegungszeit im Freien
• Offene Werkstätten
3. Lernzeit Plus 13:30–14:15 Uhr
• Hausaufgaben unter Anleitung – so haben die Kinder die Möglichkeit nach der Schule ihren Hobbys etc. nachzugehen und ihre Freunde zu treffen. Außerdem können so entstehende Fragen direkt mit der Lehrkraft geklärt werden.
4. Projekt- und AG-Zeit 14:15–15:45 Uhr
• Theater, Fußball, Coding, Garten, Kochen, Kunst etc.
Die Unterrichtsverlagerung in den Nachmittag (sogenannte rhythmisierte Ganztagsschule) bleibt optional. Viele Bundesländer fördern Konzepte, die Unterrichtseinheiten strecken, um längere Pausen für die Kinder zu ermöglichen. Wichtig: Ruheinseln für jüngere Kinder, die um 14:00 Uhr dann einfach müde sind. Man darf nämlich nicht vergessen, dass so ein langer Schultag auch für Kinder sehr anstrengend und einem Vollzeitjob der Erwachsenen gleichzusetzen ist.
Qualitätsstandards – über Beaufsichtigung hinaus
Eltern erwarten mehr als Aufsicht. Fachleute nennen drei Säulen:Bildungsangebote, die das Lernen erweitern (Leseförderung, naturwissenschaftliche Experimente).
Soziale Entwicklung, gefördert durch z.B. Gruppenrituale, Klassendienste oder Kinderkonferenz.
Gesunde Ernährung, mindestens ein warmes Hauptgericht mit Salat- und/oder Obstbuffet.
Die Kultusministerkonferenz arbeitet an einheitlichen Empfehlungsrahmen, doch Länder setzen eigene Akzente. Eine regelmäßige Selbstevaluation z.B. mit der „Selbstevaluation Ganztag“ (SELG), hilft, Schwachstellen frühzeitig ausfindig zu machen.
Sekretariat & Verwaltung – das organisatorische Rückgrat
Wenn der Ganztagsbetrieb beginnt, vervielfacht sich die Kommunikation: Essensbestellungen, Honorare, Einwilligungserklärungen für Fotos oder Ausflüge. Sekretärinnen profitieren von digitalen Abläufen, sofern Datenschutz und Barrierefreiheit gegeben sind. Aktuell testen viele Kommunen Apps, in denen Eltern Krankmeldungen, Menüwahl oder AG-Buchungen direkt eingeben können. Die Herausforderung dabei: DSGVO-konforme Serverstandorte und mehrsprachige Masken.Fahrplan bis 2026 – Konkrete Schritte
2024
Bildungsträger legt Bedarfsprognose vor.
Architekten entwerfen Raumkonzept, Kostenschätzung für Fördertöpfe.
2025
Antrag Investitionsprogramm Ganztagsausbau wird bewilligt.
Ausschreibungen für Bau, Mensaküche, Möblierung laufen.
Erste Fortbildung für pädagogische Fachkräfte startet.
Frühjahr 2026
Rohbau fertig, Innenausstattung beginnt.
Kooperationen mit Sportvereinen und Musikschulen werden vertraglich fixiert.
Pilot-Ganztag für die aktuelle erste Klasse testet Abläufe.
August 2026
Rechtsanspruch tritt in Kraft.
Schulhof-Eröffnungsfest mit Elterninformation und Schnuppernachmittag.
Best-Practice: Die Grundschule Sonnentau
Die Schule mit 250 Schülern aus einem Mittelzentrum in Bayern begann bereits 2022 mit der Planung. Statt fünf zusätzlichen Räumen setzten Architekt und Hausmeister auf variable Wände und eine mobile Essensausgabe. So entstand aus Aula, Musiksaal und Bibliothek innerhalb von 35 Minuten ein vollwertiger Mensabetrieb. Das pädagogische Konzept nutzt Tischgruppen im Klassenzimmer als „Lerncafé“, betreut durch zwei Bundesfreiwillige, die ihre Pausenzeiten versetzt nehmen. Das Ergebnis: 94 Prozent Elternzufriedenheit in der Evaluation 2024, keine Wartelisten – und Baukosten, die 18 Prozent unter der ursprünglichen Schätzung lagen.FAQ – häufig gestellte Fragen zum Ganztagsanspruch
Müssen alle Kinder bleiben, wenn der Ganztag startet?Nein. Der Rechtsanspruch sichert ein Angebot für Grundschulkinder, verpflichtet aber niemanden zur Teilnahme.
Gilt der Anspruch auch in den Ferien?
Ja, grundsätzlich. Die Länder dürfen jedoch bis zu vier Wochen Schließzeit pro Jahr festlegen.
Reicht unser jetziges Personal?
Meist nicht. Schulen sollten schon 2024 zusätzliche Stundenkontingente beantragt haben und lokale Kooperationspartner ansprechen.
Wie wird der Mittagstisch finanziert?
Essenskosten tragen in der Regel die Eltern, aber Bund und Länder fördern Küche und Ausstattung, teilweise auch sozial gestaffelte Zuschüsse.
Was passiert, wenn eine Kommune das Angebot nicht schafft?
Eltern können den Anspruch einklagen. Land und Kommune haften gemeinsam, daher setzen alle Seiten auf zügige Ausbaupläne.
Fazit
Der Ganztagsanspruch 2026 ist eine Erleichterung für viele Eltern und Erziehungsberechtigte. Für Schulen bedeutet dies erstmal eine Herausforderung, da neue Räume, Rhythmen etc. geschafft werden müssen. Gleichzeitig bedeutet das aber auch neue Chancen.: Mehr Zeit zum individuellen Fördern, kreativere Projekte und eine bessere Vereinbarkeit von Schule und Familie. Wer jetzt die Planung, den Bau und die Personalsuche koordiniert, macht den Schritt vom Ausnahme-Ganztag zur Selbstverständlichkeit – und stellt die Weichen für die nächsten Jahrzehnte Grundschulentwicklung.Egal, ob Sie Lehrkraft, Erzieher, Hausmeister oder Sekretärinnen sind: Ihre Erfahrung und Ihr Engagement entscheiden darüber, ob das Versprechen für 2026 Wirklichkeit wird. Packen wir’s gemeinsam an!
Helena, H., 22.05.2025