Kita- und Schulbibliothek einrichten
Warum eine Bibliothek in Kita & Grundschule unverzichtbar ist
Die Lesekompetenz zählt zu den Schlüsselqualifikationen für unser Leben: Sie stärkt den Wortschatz, das Verständnis und das Selbstvertrauen. Eine eigene Bibliothek vor Ort ermöglicht:• Niederschwelligen Zugang zu Büchern, selbst in den Pausen.
• Vielfältige Buchauswahl, die verschiedene Sprachniveaus und Interessengebiete abdeckt.
• Gemeinsames Lesen: Vorlese-Runden, Bücher-Stadtpläne und Lesepatenschaften schaffen ein Gemeinschaftsgefühl.
Kinder, die in der Kita spielerisch an Bücher herangeführt wurden, zeigten nachweislich bessere Leseleistungen im Vorschul- und Schulalter. Daher lohnt sich der Aufwand, eine Schul- bzw. Kitabibliothek einzurichten. Mit den folgenden Tipps schaffen Sie es auch, eine Bibliothek mit einem kleinen Budget einzurichten.
Schritt 1: Den Bedarf ermitteln und die Ressourcen mobilisieren
Bevor es an die Regalplanung und den Bücherkauf geht, sollten Sie folgende Fragen klären:1. Wer nutzt die Bibliothek?
• Reine Kita-Gruppe (3–6-Jährige), Grundschulklassen oder gemischte Nutzung?
• Einzelne Stunden („Lesestunde“) oder ganztägiger Zugang?
2. Wie viel Platz steht zur Verfügung?
• Feste Regalwand, fahrbare Bücherregale oder flexible Bücherkisten?
• Rückzugsnischen für gemütliches Lesen?
3. Welche Ressourcen sind bereits vorhanden?
• Bücher von ausscheidenden Lehrkräften oder aus Elternhaushalten?
• Flohmarkt-Schmöker, gespendete Klassensätze oder Partner-Bibliotheken?
Tipp für das Sekretariat: Rufen Sie frühzeitig zu einer „Bücher-Spenden-Aktion“ auf. Ein kurzes Rundschreiben an Eltern und Kollegium bringt häufig mehrere Dutzende gut erhaltener Bücher zusammen. Gleichzeitig freuen sich die Eltern und Kollegen, dass die Bücher einen guten Platz finden und genutzt werden.
Schritt 2: Regale & Möblierung – flexibel und günstig
Bücherkisten & mobile RegaleStatt teurer Blockregale genügen meist schon stabile Weichholz-Kisten auf Rollen. Sie lassen sich leicht verschieben und bei Bedarf für Projektwochen, Leseinseln oder Ausleihstationen verwenden.
Upcycling-Ideen
Alte Obstkisten, bemalt und mit Polstern ausgestattet, werden zu gemütlichen Lesebänken. Einfache Holzlatten aus dem Baumarkt verwandeln sich mit Postern und Stoffbezügen in flexible Raumteiler. Auch hier kann man ein Rundschreiben an Eltern und Kollegium verfassen und dazu aufrufen, alte Regale, Holzlatten, Obstkisten etc. zu spenden und diese hinterher dann gemeinsam mit den Kindern gestalten.
Rückzugsnische gestalten
Eine Ecke mit Bodenkissen, Decken und Lichterketten lädt zum Entspannen und ruhigem Lesen ein. Für wenig Geld schaffen Sie eine gemütliche Ecke, wo sich Kinder und Erwachsene gleichermaßen wohlfühlen. Oft müssen diese Dinge auch nicht neu gekauft werden, da sie schon vorhanden ist.
Schritt 3: Buchauswahl – Qualität vor Quantität
Gerade bei einem begrenzten Budget gilt: Lieber weniger, dafür aber gut ausgewählte Bücher anschaffen. Achten Sie auf folgende Kriterien:Altersempfehlung & Lesestufen: Verdeutlichen Sie z.B. mithilfe von farbigen Klebepunkten, welche Bücher für welche Altersgruppe geeignet sind. So ist es für jeden auf den ersten Blick erkennbar.
Themenvielfalt: Von Bilderbüchern über Erstlese-Reihen bis hin zu Sachbüchern. Gerade Sachthemen (Tiere, Natur, Technik) fördern die Neugier der Kinder und motivieren sie, weitere Bücher zu lesen.
Robustheit: Pappbilderbücher und gebundene Ausgaben halten intensiver Nutzung stand.
Sprachliche Vielfalt: Bücher in einfachen Satzstrukturen, Englisch-Wörterbücher oder bilingualen Ausgaben unterstützen Kinder mit Deutsch als Zweitsprache.
Budget-Tipp: Kaufen Sie in Sammelbestellungen bei spezialisierten Buchgroßhändlern ein. Gruppenbestellungen (ab ca. 20 Titeln) bringen oft schon 15–20 % Rabatt oder verfassen Sie ein Rundschreiben und fragen zuerst nach konkreten Büchern bzw. Themengebieten. So müssen nicht unbedingt viele neue Bücher gekauft werden.
Schritt 4: Organisation & Ausleihe leicht gemacht
Eine klare und einfache Struktur erleichtert allen Beteiligten den Bibliotheksalltag:1. Katalogsystem einführen:
• Einfache Karteikarten oder ein PDF-Verzeichnis mit Titel, Signatur und Standort genügen.
• Digitale Lösung: Kostenfreie Open-Source-Tools (z. B. Bibliotheca.io) lassen sich auf Schulservern hosten.
2. Ausleihe regeln:
• Kinder leihen Bücher für eine Woche aus, Einträge auf Ausleihkarten oder in einem Ausleihbuch.
• Alternativ: Büchertauschbox in der Garderobe für spontan Mitnehmende.
3. Lesepatenschaften etablieren:
• Ältere Schüler betreuen die Bibliothek an einem Nachmittag pro Woche und lesen den Jüngeren aus den Büchern vor.
So entstehen positive Vorbilder und die Ältesten tragen Verantwortung bzw. lernen Verantwortung zu übernehmen.
Schritt 5: Lesefördernde Aktionen und Projekte
Die Bibliothek lebt von Angeboten, die über das reine Bereitstellen von Büchern hinausgehen:• Vorlesestunden: Einmal wöchentlich liest ein pädagogischer Mitarbeiter oder ein externer Lesepate Geschichten vor.
• Beispiele Themenwochen: „Welt der Tiere“, „Märchen aus aller Welt“, „Naturwissenschaft entdecken“. Bücher, Experimente und Bastelaktionen greifen das entsprechende Thema auf.
• Lesezeichen-Werkstatt: Kinder gestalten eigene, kreative Lesezeichen aus Pappe, Stoff oder anderen Recyclingmaterialen.
• Büchertausch-Events: Familien bringen ihre gelesenen Bücher mit und tauschen sie mit anderen Familien. Das schärft Nachhaltigkeitsbewusstsein und weckt Neugier. Außerdem kommen die Familien so miteinander in Kontakt und in einen Austausch.
Solche Aktionen erhöhen die Sichtbarkeit der Bibliothek und motivieren Kinder, sich selbst Bücher auszuleihen.
Schritt 6: Nachhaltigkeit und Fortführung
Damit Ihre Bibliothek nicht nach wenigen Monaten an Andrang verliert, achten Sie auf:Regelmäßige Aktualisierung: Entfernen Sie abgenutzte oder wenig gelesene Titel und ergänzen Sie dafür neue Bücher.
Feedback-Schleifen: Holen Sie sich Meinungen von Kindern, Eltern und Kollegium ein. Welche Bücher fehlen? Welche Aktionen kamen gut an? Welche Wünsche gibt es?
Verantwortlichkeiten verteilen: Bilden Sie ein kleines Steuerungsteam (Lehrkräfte, Erzieher, Sekretariat und engagierte Eltern), das zweimal im Jahr Termine und Neuanschaffungen plant.
Einbindung in den Alltag: Integrieren Sie Bibliothekszeiten in den Stundenplan oder Rituale wie „Montags-Lesestunde“ in der Kita.
Finanzierungsquellen & Fördermöglichkeiten
Auch kleine Budgets lassen sich durch zusätzliche Mittel aufstocken:1. Fördervereine und Elterninitiativen sammeln zweckgebundene Spenden.
2. Stiftungen wie „Lesen für Kinder“ oder regionale Kulturstiftungen unterstützen oft Eltern-Kind-Projekte.
3. Kommunale Bücherbörsen und Bibliotheks-Flohmärkte bieten günstige Bücher.
4. Crowdfunding über Schulplattformen ist meist schon mit wenig Aufwand realisierbar und verbindet die Schulgemeinschaft.
Mit einem kurzen Konzept (Fotos, geplante Aktionen, Zielgruppenbeschreibung) erhöhen Sie die Chancen auf Zusagen deutlich.
Praxisbeispiel: Die „Lesewerkstatt“ der Kita Sonnenschein
In der kleinen Kita namens Sonnenschein (30 Kinder, 3 Gruppen) startete 2022 das Bibliotheksprojekt „Lesewerkstatt“. Und so ging’s:1) Bücher-Spendentag: Eltern und Nachbarn lieferten über 150 Romane, Bilder- und Sachbücher.
2) Möbel-Upcycling: Ausgemusterte Obstkisten und Kindertische wurden zum Regal und Leseinsel.
3) Kartensystem: Einfache Karteikarten mit Titel, Datum und Ausleiher-Name reichten als Ausleihbuch.
4) Vorlese-Patenschaften: Viertklässler aus der benachbarten Grundschule besuchten die Kita wöchentlich für 30 Minuten.
Das Ergebnis nach einem Jahr Lesewerkstatt: Mehr als die Hälfte der Kinder hatte wöchentlich ein Buch ausgeliehen, Sprachtests zeigten im Vergleich zur Vorjahresgruppe einen Anstieg des Wortschatzes um 20 %. Die Kita wurde im Herbst 2023 als „Lesefreundliche Einrichtung“ ausgezeichnet.
Zusammenfassung und Ausblick
Eine Kita- oder Schulbibliothek ist mehr als ein Regal voller Bücher. Vielmehr ist sie ein Lernort, ein Treffpunkt und eine Quelle für Fantasie und Wissen. Schon mit wenigen Mitteln und etwas Kreativität lassen sich:• geeignete Möbel aus Kisten und Upcycling-Materialien schaffen,
• eine passgenaue Buchauswahl treffen,
• einfache Ausleihsysteme etablieren und
• lebendige Leseaktionen ins Leben rufen.
So entsteht Schritt für Schritt eine Bibliothek, die Kinder motiviert, täglich Bücher zu entdecken und das ganz ohne großes Budget. Pflegen Sie Ihr Angebot und beziehen Sie die ganze Kita- bzw. Schulgemeinschaft mit ein. So wird Lesen zur festen Tradition und zur Quelle gemeinsamer Begeisterung. Beziehen Sie Eltern und Kollegen mit ein, um gerade Upcycling-Projekte umzusetzen. Außerdem finden Sie bei uns im Shop zahlreiche Möglichkeiten Ihre Bibliothek einzurichten. Sie können uns auch gerne anrufen oder uns eine E-Mail schreiben. Wir beraten Sie gerne und helfen Ihnen bei der Einrichtung.
Helena H., 05.06.2025