Rituale im Kindergarten
Warum sind Rituale für Kinder wichtig?
Kinder brauchen Beständigkeit. Dafür gibt es zwei Gründe: In ihrer Altersklasse befinden sich die Kindergartenkinder in einer Orientierungsphase. Sie möchten ihre Umwelt mit all ihren bunten Seiten entdecken, dabei Neues lernen und heranwachsen. Trotz dieser Neugier brauchen sie in ihrem jungen Leben Konstanten, die ihnen Halt geben. Liebgewonnene Bräuche helfen den Kindern auf dem Weg durch die Kindergartenjahre hin zur Schulzeit.Der zweite Grund betrifft die Zeit im Kindergarten als Phase des Übergangs. Mit dem Beginn der Kindergartenjahre fängt für die Gruppenmitglieder ein neuer Lebensabschnitt an. Sie verbringen die Hälfte des Tages nicht mehr zuhause, sondern an einem fremden Ort außerhalb ihres gewohnten Umfelds. Für viele Kinder ist dieser Schritt mit Unsicherheit oder sogar Angst verbunden. Rituale stellen etwas Vertrautes dar. Deshalb sind sie aus dem Lebensumfeld des Kindergartens nicht wegzudenken. In der Phase der Eingewöhnung vermitteln sie den neuen Gruppenmitgliedern ein Gefühl von Geborgenheit. Auf diese Weise lassen sich Anfangsschwierigkeiten leichter bewältigen, was auch Eltern beruhigt. Sie wissen, dass ihr Kind in der Betreuungseinrichtung gut aufgehoben ist.
Vorteile von Ritualen im Kindergarten
Rituale sind im Alltag der Kindergartenkinder ein verlässlicher Grundbaustein. Viele Bräuche lassen sich als spontane Ideen umsetzen. Für sie braucht man weder Geld noch eine intensive Planung. Eine herzliche Umarmung am Morgen kostet keine Mühe, bewirkt aber eine Menge.Die Gepflogenheiten prägen die Identität der Gruppe. Je individueller die Rituale sind, umso deutlicher symbolisieren sie die Vielfalt innerhalb der Gruppengemeinschaft. Die Beteiligten identifizieren sich sowohl mit den gruppeninternen Bräuchen als auch mit der Kindergartengruppe als soziales Gefüge.
10 Beispiele für Rituale im Kindergarten
1. MorgenkreisDer Morgenkreis ist ein wiederkehrendes Ritual in fast jeder Kindertagesstätte. In der ersten halben Stunde des neuen Tages finden sich die Gruppenmitglieder ein. Beim Morgenkreis wird das Programm des Tages besprochen. Die Gruppenleitung moderiert das Gespräch. Bei Fragen oder Kummer hat sie ein offenes Ohr. Dabei wird den Kindern signalisiert, dass ihre Anliegen ernst genommen werden und sie Probleme offen ansprechen dürfen.
2. Frühstück in der Gruppe
Ein gesundes Frühstück macht nicht nur satt, sondern schafft ein positives Gemeinschaftsgefühl. In den meisten Kindertagesstätten gehören die gemeinsamen Frühstückszeiten zum täglichen Ablauf dazu. Viele Kindergartengruppen überlassen es den Kindern, wann sie Hunger haben und ihre Brote essen möchten. In anderen Einrichtungen gelten für das Frühstück feste Zeiten.
3. Geburtstagsfeiern
Die Geburtstage der Gruppenmitglieder werden in den meisten Kindergärten mit einer kleinen Feier gewürdigt. Neben Kuchen und Spielen erhalten die Betreffenden üblicherweise ein Geschenk, welches von der Gruppenleitung angefertigt wurde. Für die Geburtstagsfeier gibt es keine Vorgaben. Oft entscheiden die Anwesenden spontan, wie sie den Festtag begehen. Andernfalls unterliegt der Ablauf einer Reihenfolge. Sie beginnt beispielsweise mit einem Spiel. Im Anschluss bekommt das betreffende Gruppenmitglied sein Geschenk und teilt später den Kuchen aus.
4. Weihnachtsfeiern
In der Adventszeit bereiten sich die Kindergartenkinder zusammen mit der Gruppenleitung auf das bevorstehende Weihnachtsfest vor. Bei einer Tasse Kakao und selbstgebackenen Keksen kommt man miteinander ins Gespräch. Man tauscht sich aus, worauf man sich an Weihnachten besonders freut oder wie man die Feiertage zu Hause üblicherweise verbringt. Dabei wird ein Ritual im Ritual geschaffen - die Vergegenwärtigung von weihnachtlichen Bräuchen ist ebenso eng mit Ritualen verknüpft wie die Weihnachtsfeier im Kindergarten. Sie stellt ebenfalls eine Tradition dar.
5. Ausflüge
Einmal im Halbjahr sollte ein Ausflug auf dem Terminkalender stehen. An dem Tag macht sich die Gruppe auf in den Wald, den nahegelegenen Pferdehof oder in die Eisdiele. Über die Unternehmung beziehungsweise das Ziel des Ausflugs wird gemeinsam abgestimmt. Das Mitspracherecht sorgt für ein demokratisches Miteinander.
6. Kuscheltiertag
An einem Tag in der Woche dürfen die Kinder ihr Lieblingsstofftier mitbringen. Dieser Tag steht ganz im Zeichen von Plüsch: Die Gruppenmitglieder stellen ihre Tiere mitsamt ihrer Geschichte vor. Anschließend gibt es Spielstationen, bei denen die Stofftiere im Mittelpunkt stehen.
7. Eigene Kiste
Am ersten Tag im Kindergarten bekommt jedes neue Gruppenmitglied seine eigene Kiste. Darin haben Bastelarbeiten, Bilder oder gesammelte Stücke Platz. Die eigene Kiste gehört nur dem betreffenden Kind. Somit ist sie ein Spiegelbild seiner Persönlichkeit. Die darin enthaltenen Gegenstände sagen eine Menge über die Interessenlage des jeweiligen Gruppenmitglieds aus.
8. Kreative Angebote
Kindergartenkinder probieren gerne Neues aus. Einmal in der Woche werden ihnen Angebote unterbreitet, an denen sie teilnehmen dürfen (nicht müssen!). Die Aktivitäten reichen vom Anfertigen selbst gestalteter Bastelarbeiten bis hin zum Ballspielen auf dem Hof. Das Angebot sollte möglichst vielfältig aufgestellt sein, damit jedes Kind seinen persönlichen Neigungen entsprechend eine Aktivität auswählen kann.
9. Abschlussrunde am Ende des Tages
Die Abschlussrunde ist das mittägliche Pendant zum Morgenkreis. In den letzten 10 Minuten versammelt sich die Gruppe erneut. In der großen Runde wird über die Eindrücke des Vormittags gesprochen. Der Tag im Kindergarten schließt mit einer kurzen Geschichte oder einem Lied ab, das die Gruppe gerne singt. Mit der Abschlussrunde wird eine klare Trennlinie zwischen den Stunden in der Kindertagesstätte und der Freizeit daheim gezogen.
10. Feierliche Verabschiedung der zukünftigen Schulkinder
Das Ende der Kindergartenzeit wird als Gelegenheit für eine Verabschiedung der Großen genutzt, die nach den Sommerferien auf die Grundschule wechseln. In der Gemeinschaft der Gruppe wird den betreffenden Gruppenmitgliedern alles Gute für die kommende Schulzeit gewünscht. In Kindertagesstätten unter kirchlicher Trägerschaft wird eine Andacht in der Kirche gefeiert. Dabei stehen die künftigen Schulkinder im Mittelpunkt. Einige Kindergärten laden zu dem besonderen Anlass die Eltern oder Verwandten der Kinder ein.
Rituale für besondere Situationen
Im Kindergarten kommt es immer wieder zu Situationen, die eine lösungsorientierte Strategie erfordern. Eingewöhnungsphasen oder Übergänge, aber auch Konflikte setzen ein besonderes Maß an Sensibilität voraus. Rituale können in solchen Fällen Brücken bauen.Für Neuzugänge in der Gruppe ist das gesamte Umfeld noch fremd. Sie kennen niemanden oder nur ein paar Mitglieder der Kindergartengruppe. Auch die Räumlichkeiten sind für sie noch neu. Die Gruppenleitung kann ihnen den Einstieg leichter machen. Mit einem Begrüßungsgeschenk (Plüschtier etc.) ist das Eis schnell gebrochen. In der Eingewöhnungs- und Übergangszeit wirkt eine innige Umarmung mit den Eltern oft Wunder. Die Nähe stellt das Vertraute her, bevor man sich bis zum Mittag verabschiedet.
Nach einem Streit können die Beteiligten ihre Versöhnung feiern. Dabei versprechen sie sich gegenseitig, Probleme in Zukunft konfliktfrei zu lösen. Als Besiegelung für ihr Versprechen geben sie sich die Hand oder nehmen sich in den Arm. Die Vorgehensweise dürfen die Beteiligten selbst bestimmen. Beide Gesten haben jedoch die gleiche Aussagekraft.
Fazit
Rituale im Kindergarten schaffen ein vertrautes soziales Umfeld. Mit ihnen gelingt die Umstellung in der Übergangszeit leichter. Wer sich in der Kindergartengruppe wohlfühlt, lebt sich schneller ein. Rituale tragen einen wichtigen Teil dazu bei. Mit dem Übergang in die Grundschule geraten beliebte Gewohnheiten auf keinen Fall in Vergessenheit. Auch in der Schule werden Bräuche gepflegt, welchen eine ähnlich hohe Bedeutung zukommt wie in der Kindergartenzeit.Ähnlich wie Regeln sind auch Rituale nicht in Stein gemeißelt, sondern können - und dürfen - mit der Zeit verändert oder modernisiert werden. Wenn es sich um liebgewonnene Traditionen handelt, dürfen sie beibehalten werden. Von überholten Ritualen sollte man sich jedoch verabschieden und neue Bräuche ins Leben rufen.
Nina K., 27.05.2025
Zur Autorin: Mein Name ist Katharina und ich bin seit dem Jahr 2018 als freiberufliche Autorin tätig. Zuvor habe ich mein Studium in Anglistik und Philosophie erfolgreich abgeschlossen. Das Verfassen von Artikeln für Lehrerblogs zählt nicht nur zu meinen grundlegenden, sondern auch zu meinen liebsten beruflichen Aufgaben. Mir macht es viel Freude, sowohl Lehrkräften als auch Schülerinnen und Schülern nützliche Ratschläge für den Alltag 'vor der grünen Tafel' an die Hand zu geben. Meine Themenschwerpunkte reichen von Hilfestellungen für die Organisation über Tipps für eine gelungene Unterrichtsführung bis hin zu Gedanken über Werte wie Empathie und Mitgefühl – sie ermöglichen nicht nur in der Schule ein harmonisches Miteinander.